Ich war eines Abends mal bei #RalfZacherl zum Abendessen eingeladen, es gab Haferklößchen und wenn ich ihn gelegentlich daran erinnerte, wurde er rot, denn es schmeckte danach, was Hafer alleine kann, nämlich nicht viel und das aus der Pfanne.
Ich arbeitete als Restaurantleiterin in Mitte und kam von einem Teammeeting, in dem es einen Vorstoß der Köche gab, zu einem grösseren Teil am Trinkgeld beteiligt zu werden. Ich saß auf seinem Küchentisch und schaute höflich in die, darf ich es nochmal sagen: Haferklösschenpfanne, und weil Ralf und ich uns einfach immer so herrlich als Koch und Kellnerin begegnen konnten,
entspann sich eine abendfüllende, emotionale Diskussion.
Monsieur war der Ansicht, dass der Küche mindestens 100 Prozent des Trinkgeldes zustünden, schließlich kämen die Gäste wegen des Essens. Mein Gesicht war ein einziges: WHAT?, und mein Mund formulierte fröhlich los: Dass es nur ganz selten ums Essen geht. Je Stern, desto ja, aber generell sei doch Trinkgeld die Anerkennung für aufmerksamen Service, der sogar Patzer aus der Küche wett machen würde.
And here we are:
Was ist für Gäste ein gelungener Abend in einem Restaurant?
Die Mindestanforderung ist, dass Essen, Getränke und Service nicht launenergreifend schlecht sind und der große Ärger sich beim Verlassen unterhakt und mit nach Hause geht. Schöner ist es, wenn Atmosphäre und Produkte so sind, dass sich Angenehmes um die Seele und in den Magen kuschelt und die Welt ein bisschen besser aussieht. Großartig ist es, das mit jemandem zu teilen, dem man gern zuhört und selbst immer mal was ins Gespräch streut. Und sicher am besten ist es, wenn der Abend Erinnerungen einpackt an kleine besondere Momente. Und Schokotrüffel.
Klingt nach 50 Prozent in der Trinkgeldverteilung. Stimmt. Wie es üblicherweise ist? Sehr unterschiedlich. Es gibt Läden, in denen bekommt jeder das Gleiche. Es gibt die Verteilung nach Punkten, in der es meistens so ist, dass diese aufsteigend in der Hierarchie verteilt werden und damit auch das Geld.
Es gibt Regelungen von 30 Prozent für die Küche und alle Hilfskräfte, die nicht direkt an den Tischen für Bestellungen und Abrechnungen zuständig sind. Es gibt 40 Prozent, es gibt gar nichts für niemanden, außer für den Kellner, es gibt zehn Euro für den Barkeeper; es gibt Läden, in denen gibst Du Dein Portemonnaie am Ende der Schicht dem Restaurantleiter oder wem auch immer, und er behält das Geld oder verteilt nach Gutdünken. Nachdem die Kasse stimmt, selbstverständlich. Beliebtes Mittel: Unregelmäßigkeiten in der Abrechnung mit dem Trinkgeld auszugleichen.
Oder die Kellner für jedes kaputte Glas, für jede kaputten Teller, für Fehler in der Bestellung (nicht nur für selbstverschuldete, auch für verloren gegangene Bestellungen in der Küche, die erneut gebucht werden müssen oder für Fehler der Gäste bezahlen zu lassen. (Ja. Das passiert: Côtes de boeuf zu bestellen und nicht zu wissen, dass es sich da um etwas anderes als ein zartes Rinderfilet handelt. Zander zu bestellen und den Heilbutt zu meinen. Cordon bleu als Karpfen blau zu übersetzen.)
Hatte jemand von uns gedacht, das wird leichte Kost? Nicht wirklich. Aber weiter: Wenn wir von Fehlern sprechen: Es lassen sich so viele vermeiden, wenn man kommuniziert. Von beiden Seiten.
Lasst mich Euch beraten, hätte ich so oft sagen wollen und je älter ich wurde, umso mehr tat ich es. Lasst mich Euch sagen, dass Gerichte so gemeint sind, wie sie auf der Karte stehen, dass sich dabei jemand was gedacht hat und dass ich Extrawünsche gern erfülle, aber nicht zu jedem Preis.
Ich weiss es manchmal einfach besser, weil ich die Karte kenne, die Gerichte im besten Fall probiert habe und verstehe, dass es ein Gedicht ist, dem man nicht die letzte Strophe abschneidet, weil.
Fragt uns und seid neugierig.
Geht auf Nummer sicher, wenn Ihr im Geschäftsessen seid. Aber wenn Ihr privat essen geht, dann bestellt doch (#Cordobar) Huhn mit Mais und Schnulli, probiert es und kotzt mir nicht auf den Tisch, wenn ich Euch sage, dass es sich um Hühnerherzen handelt. Die Portionen sind klein, der Koch göttlich – probiert es aus. Und tauscht Euch aus darüber den ganzen Abend lang, wie sensationell, wie unerwartet es ist. Und dass Ihr beinahe nie probiert hättet und … hach, gern noch ein Glas Wein.
Wenn ich mir kurz vorstelle, dass ich in die Küche gongte und spruch: Lukas, kannst Du Huhn mit Mais und Schnulli auch statt der Herzen mit leicht pochierter Hühnerbrust machen und gern ohne alles, der Gast ist allergisch auf asiatische Gewürze, dann wären Pfannen geflogen.
Und ich hatte gehen können, weil ich den Laden nicht verstanden hätte. Ich muss den übersetzen können für die Gäste. Ich muss ihn mögen und leben. Und kann Fehler über Kommunikation vermeiden.
Was auch geht: Illoyalität. Dem Gast sagen: Sie wollen kein Herz, sondern Brust? Ich frag mal in der Küche. Und wiederkommen und sagen: Oh. Leider nein. Die machen das nicht. Augenverdreh und auf der Stirn: Die Idioten stehen haben. Der Koch als gemeinsamer Feind. Der es hasst. Dass wir in die Küche kommen und sagen: Kann der Gast bitte, und vielleicht ging es gestern, aber heute sind drei Köche krank oder alle Gäste auf einmal gekommen und nein, es geht nicht und sogar der Koch bescheidet nicht gern abschlägig. In einigen Restaurants wird dem allen so entgegengewirkt, dass Service und Küche überhaupt nicht miteinander sprechen dürfen oder können, das sind dann die, bei denen Sie als Gast dem Kellner seine Verzweiflung bei jeder Frage nach einer grösseren Portion Sauce Hollandaise ansehen.
Wenn der Kellner übrigens nicht wiederkommt und Euch den Wein nicht nachschenkt, dann hat er Euch selten vergessen. Dann weiss er höchstens nicht mehr, wo ihm der Kopf steht. Oder er traut sich ohne Essen nicht mehr aus der Küche. Meistens hat er sich schon getraut, seinen Kopf durch den heissen Pass durchzustecken und zu fragen, zu brüllen, zu toben, wann das Essen für Tisch 12 fertig. Lieblingsantwort: Wenn’s da vorne steht, (Du Wichser. Allerdings erinnern wir uns an Kolumne Nummer 1. Hinterher ist alles vergessen).