Frau Schmittke plant ein Restaurant. Mal wieder. Und übrigens: Gebt Trinkgeld!

Mit Freunden, die vielleicht schon eins haben. Oder haben wollen würden. Und für immer einen Tisch in selbigem und das nicht mit dem Anspruch, angetrunken in die Küche zu wanken und drei Schnitzel bestellen zu dürfen zu jeder Tages- und Nachtzeit, sondern denen vertrauend, die den Laden mit Leben und Inhalt füllen.

Mit Freunden, die begnadet kochen können, und natürlich mit sich selbst und gewiss mit einer Handvoll derer, die in den anderen Läden wahlweise schlecht oder schwarz bezahlt werden (#oderund) und immer ist kein Geld im Haus, wenn die Kinder krank sind und bezahlter Urlaub eine weit wecke Idee von früher.

Als er Vergnügen war und nicht unendlich herbeigesehnte Unterbrechung des Alltags und Begegnung mit der über Jahre nicht beantworteten Frage, wer Du eigentlich so geworden bist mit den Kindern und Dir im abwaschbaren Jumpsuit um Dich herum, den schlaflosen Nächten als Beton an den Füssen und dem Menschen, der ein wenig fremd am Wochenende in der Küche steht und die Spülmaschine morgens, mittags UND abends nochmal neu einräumt (Achtung: Spoiler! Auch Jahre später noch und in nicht nur in getrennten Städten) als Schal um den Hals (#karmalove).

Huch! So ein schöner erster Satz und dann Urlaub im Jammertal. Mia, die Redakteurin, klopft an die Fensterscheibe des Selbstmitleids und macht händeringend Zeichen:

„All die vielen Buchstaben bis hier, Frau Schmittke! Und nirgendwo steht Foodie, Restaurant oder zu Tisch.“

Himmel die Berge. So wird das nichts in den unendlich Weiten des vernetzten Raumes. Right you are. Nun denn:

Frau Schmittke plant ein Restaurant. Mal wieder. Eigentlich wie immer.

Aber es passte dann jedesmal noch so viel dazwischen, was zu erledigen war und sich vordrängelte vor alle Exceltabellen und vor die Mühe der Formulierung des eigenen lodernden Feuers, und das Herzblut tropfte in die Projekte der anderen, die viel lauter waren und viel mehr Sinn ergaben, also holtest du dort die Kuh vom Eis und brachtest sie zum Fliegen und all die Jahre (wo sind sie nur hingekommen. #PhilippPoisel) flogen ebenfalls, und immer wieder blinkte „Capitalism kills love“ als mahnendes Gedenken über der Spree und nicht nur die Liebe, sondern auch die Kuh wurde geopfert, aber immerhin best cuts in town (#beef!).

Mia (#DieRedakteurin) verdreht endgültig die Augen und sucht schon mal die Telefonnummer des Verlages: „Die Frau und das besondere Buch“ heraus, um dort all die schönen Sätze einzukochen, auf das die Essenz doch bitte nun endlich etwas gastronomisches zu Tage brächte.

Last call:

Frau Schmittke plant ein Restaurant und überlegt, was den Erfolg eines solchen ausmacht.

Essen. Trinken. Atmosphäre. Gähn. Ganz ehrlich? So lange mir jemand von seinem Abend in der Cordobar erzählt, dass die nachtschimmernde Prostituierte, die lasziv ihre Zigarette draußen auf dem Fensterbrett rauchte, mal eben in einem gemütlichen Zug ihre Seidenbluse nach oben schob, um ihm ihre Brüste zu zeigen; so lange Freunde davon schwärmen, wie es früher war, als im Florian die Kellnerinnen (und vermutlich auch die Kellner) halbnackt auf dem Tresen tanzten, so lange die Codices der Kleiderordnung im Jogginghosenberlin einen wunderschönen GrillRoyalSchick bekommen – so lange glaube ich, dass wir alle „verrucht“ meinen.

Im besten Fall überrascht uns das Essen mit Qualität oder Ungewohntem (#oderund), ist der Service charmant, aber eigentlich…

…. eigentlich wollen wir uns spüren und Geschichten erleben. Kichernd nach Hause kommen. Kopfschüttelnd über die Zwiebelschale in ihrem Sud für 85 fermentierte Euro (#weichundflauschig); schmunzelnd in der Rekapitulation der Tischnachbarin, die von ihren neuen Diorschuhen erzählt und dann den Dich begleitenden Mann zu sich einlädt, weil ihrer sei so selten da; sinnierend über den Dialog am Nebentisch oder draußen beim Rauchen, wenn überhaupt draußen und nicht drinnen und all die anderen Drogen in verwirrender Großzügigkeit des Konsums; berauscht von lauter schönen Menschen, flirrender Luft und dem Gefühl von 20er Jahre Berlin Glitzer auf der Haut.

Restaurants sind wie Verliebtsein. Keiner weiss so richtig, an welcher Stelle es sich entscheidet, zu passen und gut zu werden. Unplanbar, Gott sei Dank, unkalkulierbar.

Gebt Trinkgeld!


Beitrag veröffentlicht

in